Leider kenne ich Koordinationsprobleme auch sehr, sehr gut. Und zwar in den verschiedensten Bereichen.
Irgendwie sportlich (auf jeden Fall bewegungsfreudig) war ich zwar glücklicherweise immer schon, aber im Sinne von Leichtathletik und bei allem wo ich mich auspowern konnte, also wo es um körperliche Ausdauer ging. Denn die hatte ich, vermutlich weil ich mit zwei lebhaften, manchmal etwas groben ADHS-Brüdern groß wurde, die mich auch bei allem mitmachen ließen.
Ich bekam tatsächlich jedes Mal Sieger- und später Ehrenurkunden bei den Bundesjugendspielen.
Leider hatten wir in der Schule dann irgendwann plötzlich getrennte Sportgruppen: Jungen/Mädchen, was für mich der Super-Gau war!
Denn die Lehrerin für uns Mädchen bevorzugte auch absolut die zarten und grazilen Mädels, (das war ich einfach nie, weil es auch nicht genetisch so vorbestimmt war, wenn ich die weiblichen Vorfahren so anschaue) die gekonnte Übungen an den Geräten etc. hinlegten und schon geübt durch ihre Mitgliedschaften in Sportvereinen oder beim Ballett waren.
Vermutlich hätte die Lehrern selber eher zum Ballett gehen und dort unterrichten sollen, weil sie absolut den Schwerpunt darauf setzte, was ich sehr ungerecht empfand.
Ich hasste es doch eh schon, dass wir solche "Ballettschuhe" für die Halle anziehen sollten!!!
Irgendwann überredete ich dann meine Eltern, mir solche leichten Turnschuhe (wie die Jungen längst hatten) mit heller Sohle zu kaufen, was sie dann erstaunlicherweise auch taten, obwohl wir damals finanziell nicht so gut gestellt waren und die anderen Dinger eben billiger waren und meine Füße in der Zeit naturgemäß recht schnell wuchsen.
Ich hätte so viel lieber mit den Jungs Fußball gespielt, mich weiter beim Laufen und Springen ausgetobt und gemessen und habe gefühlt dann immer mehr versagt. Z.B. bin ich an den Geräten, unter den strengen Augen dieser Lehrerin, dann so in Stress geraten, dass mir somit natürlich laufend unnötige Missgeschicke passierten.
Ganz schlimm war dann Aerobic, wobei ich ursprünglich wirklich richtig Lust dazu hatte!
Eben weil es eine Abwechslung war und ich von Hause aus doch Spaß an Bewegung hatte und sie auch richtig brauchte, aber schon bei den einfachsten Choreografien kam ich absolut nicht mehr mit, weil es mir viel zu schnell ging und ich durch alles mögliche währenddessen abgelenkt wurde und mich dann noch weniger konzentrieren konnte.
Es war in der Zeit auch eine viel zu große Gruppe, da zwei Klassen zusammengefasst wurden und wir dummerweise einen "Mädchen-Überschuss" hatten.
Ich konnte mir die Choreografie einfach nicht merken, bzw. eben nicht so schnell und hätte vermutlich einfach mehr Zeit gebraucht, um sie zu verinnerlichen. Aber die Zeit bekam und hatte man eben nicht. Die anderen Mädchen schienen das mühelos zu beherrschen, was für mich und mein Selbstwertgefühl richtig übel war!
Heute glaube ich, dass ich gar nicht soo sehr auffiel, wie ich das empfand, aber mein Ehrgeiz, bzw. der Wunsch wie die anderen zu sein, machten es mir doppelt und dreifach schwer.
Eigentlich ist es bis heute so, obwohl vieles unter Medikation deutlich weniger schwer fällt an Koordination. Alles was ich intuitiv und mit Spaß an Sport und Spiel machen kann, eben ohne komplizierte Handlungsanweisungen oder -abläufe gelingt mir gut.
Aaaber sobald jemand sagt "halt doch mal den Schläger so oder mach diese oder jene Schritte ...und dann folgendes ...und dann die Bowlingkugel so.." dann ist es vorbei und mir fällt sie aus der Hand oder what ever...
Am schlimmsten war es mit dem inneren Druck schon immer vor Publikum oder in größerer Gruppe.
Wenn keiner hinschaut, dann geht vieles plötzlich recht gut und manchmal sogar fast mühelos und dies am allerbesten mit ebenfalls Betroffenen. Einfach weil ich bei Missgeschicken oder an schlechteren Tagen mit ihnen dann drüber lachen kann, es ihnen eben mit vielem ähnlich geht oder weil sie es eh nicht mitbekommen, wegen selber abgelenkt sein und/oder einfach aus Spaß etwas mitmachen und nicht allein wegen der Erfolgserlebnisse und Wettkampf.
Wäre spannend, wie es mit Medikation als Kind gelaufen wäre.
Ich denke, vieles an Frust und auch Traurigkeit wären mir erspart geblieben, aber ist halt jetzt leider nicht mehr zu ändern.